Ablaufdatum
„Hallo wach werden, Kühlschrank öffnen, Kaviar essen“ quakt eine Stimme aus dem Lautsprecher neben dem TV. „Was is das denn“ meint Marianne, total überrascht und schon etwas konsterniert.
Ich nehme es grinsend zur Kenntnis, habe ich die Stimme ja selbst programmiert. Sie kommt jetzt immer, wenn ein Ablaufdatum erreicht ist und wir Gefahr laufen, ein Lebensmittel überaltern zu lassen.
Es ist ja eigentlich ganz einfach, wenn man eine Programmiersprache beherrscht, einen IQ hat, der die Fähigkeit zur Bedienung eines Smartphones übersteigt und ansonsten gern etwas herumspielt.
Man muss nur einscannen, was auf die Verpackung geklebt ist und in einer Datei speichern. Diese per Programm überwachen, die Funksignale schwirren ja durch das Haus und einen Text vom Heimcomputer zur Audioanlage schicken, wenn es mal wieder kritisch wird mit dem Datum. Man kann dabei ruhig kreativ und etwas gemein bei den Texten sein, man beleidigt ja nur sich selbst.
Sollten wir z.B. mal vergessen, die Bergbauern-Sahne aus Berchtesgaden rechtzeitig herauszunehmen, sagt die Stimme „ Alter Schnarchsack, willst Du dich selbst vergiften oder bist Du in eine Gletscherspalte gefallen, nimm endlich die Sahne raus“.
Das funktioniert nun schon etliche Zeit und Marianne hat sich daran gewöhnt.
Heute kam allerdings eine Nachricht mit dunkler Stimme, wie aus einem Gewölbe, die ich unter Garantie nicht selbst programmiert habe:
„Hallo Heinz, Du hast jetzt etliche Jahrzehnte keine Kirchensteuer gezahlt. Bist auch zwei mal nur zu touristischen Zwecken in der Kiliani-Kirche gewesen. Das dulde ich nicht. Deine Zeit ist vorbei. Mach Dich bereit“.
Weiß jetzt nicht, was ich dazu sagen soll. Ich glaube, ich kaufe mir einen neuen Computer.
Heinz Elflein
15.08.21