Weinbanausen
Weinbanausen sind eine Art von banausigen Mitmenschen, die Wein trinken und nicht wissen, was sie tun. Sie können es nicht ermessen. Ich bin jetzt ein wenig unverschämt und behaupte, ein großer Teil der Weintrinker gehört dazu. Sie kaufen ihren Wein ja auch bei Aldi. Weil dort die Weinberatung so gut ist. Ich nicht. Entschuldigen Sie die Überheblichkeit, aber wir wollen ja ehrlich unter uns sein.
Im alten Jahrtausend, als Auslesen und Spätlesen noch etwas Besonderes waren und die, die sie kredenzten, besondere Leute, galt es. Ein entfernter Verwandter von uns – nicht blutsverwandt, darauf lege ich Wert – lud uns zu einer Geburtstagsfeier in einer Mühle mit Restaurant an der Grenze zu Holland ein. Es gab Riesling Spätlese lieblich zum Essen. Nicht trocken. Ich muss sagen, der Wein hat geschmeckt. Nur die Harmonie zum Menü war nicht vorhanden. So ist das eben und es ist nicht ganz leicht für Banausen. Hätte er besser die trockene Variante gewählt oder mich gefragt. Angesichts der anderen Gäste hätte ich zu Bier geraten.
Gustav ist nun schon lange tot und er hat seine Weinkenntnisse mit ins Grab genommen.
Noch so ein Fall. Da wurden zu einer hochkarätigen Weinprobe an einem südlichen bayerischen See hochkarätige Personen aus Politik und Wirtschaft eingeladen. Als eine Dame danach befragt wurde, welche Rebsorte sie bevorzugen würde, meinte sie „die Spätlese“.
Als ich heute Abend zu unserem Essen mit Spargel und Rinderfilet den Wein aussuchte, wollte ich zunächst eine Auswahl als Alternative bereitstellen. Passend zum Spargel den Weißwein-Cuvee oder passend zum Rinderfilet den Spätburgunder. Was macht man da? Der Weiße ist von Harteneck aus dem Markgräfler Land, der Spätburgunder aus Nordheim am Main, von Glaser Himmelstoß.
Was passt denn nun besser? Wir probierten und konnten uns nicht entscheiden. So kam es, dass wir immer mit dem Weißwein nachspülten, wenn vorher der Spargel auf der Zunge gelegen hat und den Spätburgunder, wenn es das Filet war.
Ziemlich abartig, kein Weinkenner macht so etwas. Es ist mir aber wurscht, was andere Weinkenner für opportun halten. Betrachten wir dieses Mahl dieses Mal einfach als ficktive Weinprobe.
Mir ist deswegen klar, dass mich ächte Weinkenner damit nicht als zugehörig betrachten. So etwas tut man nicht. Ich habe aber schon oben angedeutet, dass mir schnurz ist, was echte Weinkenner denken. Uns hat es jedenfalls sehr gut geschmeckt, Marianne war ganz happy. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Am Ende waren beide Flaschen leer. Denn den Spätburgunder konnten wir noch gut zu den Erdbeeren gebrauchen. Nachdem wir sie – zugegebenermaßen – mit Portwein verfeinert hatten.
Ich weiß jetzt noch nicht, ob wir das in Zukunft öfter machen. Zwei verschiedene Weine zu einem Gericht. Ich glaube eher nicht, ist doch etwas abartig, wenn ich länger darüber nachdenke. Könnte ja sein, dass andere Weinfreunde den Raum verlassen, wenn sie mich sehen.
Heinz Elflein
11.06.2023
P.S.
Irgendwo hat sich ein Rechtschreibfehler eingeschlichen, aber ich finde ihn nicht mehr. Helfen Sie mir bitte, immerhin können Sie diesen Beitrag kostenfrei lesen.