Digitalisierung

Als ich mich irgendwann zu Ende des alten Jahrtausends mit meinem Vater unterhielt, habe ich fahrlässigerweise erwähnt, dass es eines Tages keine Briefträger mehr geben wird. Das hat ihn sehr böse gemacht, hat er doch bis in die 80iger Jahre als Beamter hinter einem Postschalter gesessen. Seinerzeit eroberten die ersten Heimcomputer die Welt. Der PET 2001 war 1977 der erste Heimcomputer von Commodore. Der C64 ist bis heute der meistverkaufte Heimcomputer, produziert von 1982 bis 1994.

Ich selbst bediente als Gruppenleiter im Büro einen Siemens-Großcomputer mit dem Betriebssystem BS1000. Hauptaufgabe des Computers war das Ausdrucken von Rechnungen auf Papier und sonstiger Papierkram. Schon damals glaubte ich zu wissen, dass es Rechnungen in Papierform nicht mehr geben wird, wenn jedermann einen Heimcomputer hat.

Da war ich meiner Zeit weiter voraus, als ich selber dachte. Inzwischen ist fast ein halbes Jahrhundert vergangen und mein Briefkasten hängt immer noch neben der Haustür und der Postbote kommt auch noch. Irgendjemand muss die Digitalisierung gestoppt haben und ich habe einen Verdacht, wer das zu verantworten hat. Genauer gesagt, weiß ich ich es eigentlich ziemlich genau.

Schauen wir doch mal ins Internet und machen uns schlau, was Digitalisierung eigentlich bedeutet. So richtig froh machen mich die Ergebnisse nicht, aber ich werde das hier noch etwas aufarbeiten.

Denn man tau, liebes schlaues Internet:

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Die Digitalisierung ermöglicht es, große Mengen von Text, Bildern und anderen Informationen ohne Qualitätsverlust und mit hoher Geschwindigkeit zu bearbeiten, zu kopieren und anzuzeigen. Die entstandenen Daten können dann über Netzwerke übertragen werden.

In der Arbeitswelt ermöglicht die Digitalisierung das unkomplizierte Erstellen, Abrufen, Verarbeiten oder Austauschen von Daten – und das völlig unabhängig vom Arbeitsort. Dadurch werden Arbeitsplätze grundsätzlich flexibler und eine globale Zusammenarbeit über verschiedene Kontinente hinweg möglich.

Im Jahr 2023 war die USA Spitzenreiter im weltweiten Länderranking zur digitalen Wettbewerbsfähigkeit. Deutschland belegte mit einem Indexwert von 80,86 Punkten den 23 Platz.

Im weltweiten Vergleich liegen China, Saudi-Arabien und Brasilien bei der Digitalisierung an der Spitze. Hinsichtlich des Digitalisierungsgrades verzeichnen deutsche Unternehmen derzeit einen verhältnismäßig hohen Nachholbedarf.16.01.2024

Die Digitalisierung der Wirtschaft in Deutschland stagniert im Jahr 2023 weiterhin: Der Digitalisierungsindex beträgt 108,6 Punkte im Jahr 2023 im Vergleich zu 110,5 Punkten im Jahr 2022. Nach dem starken Anstieg im Jahr 2021 kann seither eher von einer Seitwärtsbewegung der Digitalisierung gesprochen werden.

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1243006/umfrage/digitalisierungsgrad-der-eu-laender-nach-dem-desi-index/

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Wenn wir von geistiger Unbeweglichkeit sprechen, ist da sicher etwas dran. Es ist ja so gemütlich, wenn man sich nicht mit Änderungen abgeben muss. Und dann kommt das Argument von den betagten Leuten, die sich in der modernen Computerzeit nicht mehr zurechtfinden. Was ich bei jüngeren Leuten nur für einen Vorwand halte, weil sie selber denkfaul sind. Bei diesem Thema bin ich allerdings geduldig und nehme die ältere Generation aus meiner Kritik heraus. Weil es manchmal auch eine Zumutung ist, sich mit etwas zu befassen, was Leute erfunden haben, denen das Dollarzeichen in den Augen steht. Die Älteren mögen sich Unterstützung bei ihren Verwandten suchen.

Wenden wir uns also dem progressiven Teil der Menschheit zu oder denen, die sich dafür halten. Was muss man tun, um gelbe Briefkästen nur noch in Ausnahmefällen zu benötigen? Also, wenn ich auf dem Computer einen Brief schreibe, schaue ich, ob der Empfänger eine Email-Adresse hat. Ist das der Fall, wandle ich mein Schreiben in eine sogenannte PDF-Datei um und versende die per Email. Hat er das nicht, geht es vielleicht mit gewissen Einschränkungen per Telefax. Brauche ich also keine Briefmarke aufkleben und muss auch nicht zum Postbriefkasten latschen. Email versenden und empfangen ist umsonst. Umgekehrt bin ich gerne bereit, Schreiben an mich per Email zu empfangen. Da braucht mein Hausbriefkasten nicht zu klappern. Nur ist es so, dass die Mehrheit der Versender dies organisatorisch nicht vorsehen. Von den Bürovorstehern dieser Absender habe ich keine gute Meinung.

Meine Rechnungen bezahle ich online, das ist sehr bequem, man muss nur etwas aufpassen, damit sich fremde Leute nicht elektronisch einschleichen.

Ich weiß nicht, warum mir die Krankenkasse Postbriefe schreibt und der Herr Doktor glaubt, Rechnungen in Briefumschläge stecken zu müssen. Ich weiß auch nicht, warum mir eine Behörde Papier schickt, anstatt mich elektronisch zu kontaktieren.

Oder doch, ich weiß es schon. Es liegt daran, dass unsere Regierungen die Digitalisierung verschlafen haben. Hohn und Spott über sie. Das betrifft unsere Politiker im Staat, Land und Gemeinde.

Hallo Helmut, hallo Angela.

Man möge sich doch mal allüberall mit dem papierlosen Büro beschäftigen und das gut durchorganisieren. Gedanken darüber habe ich mir auch beruflich schon vor einem Vierteljahrhundert gemacht. Es ist nichts daraus geworden, weil die Dienstleistung, um die es ging, in andere Verantwortung überging. Dass die Firma inzwischen pleite ist, hat aber nichts damit zu tun, obwohl ich gerne den Zusammenhang konstruieren möchte. Mein letzter Vorgesetzter in Bonn hat auch zunächst auf einem Papier herumgekritzelt, bevor er sich damit an seinen PC setzte.

Wenn ich dann mal wieder Papier irgendwo abholen soll um es woanders hinzubringen, steigt mir die Galle hoch. Blöder Behördenkram.

Einen Fortschritt brachte – man glaubt es kaum – die Coronapandemie, durch die Einführung der Heimarbeitsplätze. Ein Beispiel, dass schlechte Dinge positive Seiten haben können. Jetzt habe ich aber von verschiedenen Firmen gehört, bei denen Chefs ihre aushäusigen Mitarbeiter zurück ins Großraumbüro beordern möchten. Aus welchen Gründen auch immer sie das tun, ich halte sie für unfähig.

Wenn Deutschland von Platz 23 etwas nach vorne kommen möchte, wäre das ein kleiner Prestigegewinn und eine kleine Erleichterung für die Bürger. Aber weil zur Zeit Themen wie Freigabe von Rauschgift Vorrang haben, rechne ich nicht damit. Entschuldigen Sie die Polemik. Sie spiegelt nur meine Enttäuschung mit unseren Regierungen der letzten Jahrzehnte. 

Das ist es vorläufig, bis mir etwas Neues einfällt.

Heinz Elflein

19.04.2024

Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Die Stadtverwaltung an meinem Wohnort hat eine Benachrichtigung für die Wahl zum Europäischen Parlament in meinen Briefkasten legen lassen. Das ist analog, was sonst. Auf der Rückseite ist ein Antrag zur Briefwahl abgedruckt. Den kann man ausfüllen und in den Postbriefkasten werfen. Alles noch analog.

Aber jetzt kommts: Rechts oben auf dem Bogen ist ein sogenannter QR-Code abgedruckt. Und jetzt beginnt hier die digitale Welt:  Zu Mobiltelefonen gehört eine App, die man QR-Scanner nennt. Hält man das Handy Richtung QR-Code, wird dieser eingelesen und an das Wahlamt übermittelt. Das ist digital. In den nächsten Tagen werde ich Post bekommen, damit ich den Wahlschein ausfüllen - also wählen - und meine Stimme über den Einwurf zum Briefkasten abgeben kann. Analog. Digital wählen geht nicht. Immerhin haben sich die Behörden zu einer Mini-Innovation aufgeschwungen.

 

Ich bin ja gespannt, ob dies irgendwann zu meinen Lebzeiten passiert. Ob ich dies von Wolke 7 überwachen werde, weiß ich jetzt noch nicht.

 

Heinz Elflein

10.05.2024