Aquavit
Wasser des Lebens

Ich weiß nicht mehr, wie es überhaupt gekommen ist, dass wir uns dem Aquavit zuwandten. Irgendjemand - der ein Feinschmecker ist - muss uns dazu animiert haben. Ein Alkoholiker kann es nicht gewesen sein, zu solchen Leuten haben wir keinen Kontakt. Und am Ballermann haben wir die Aufnahmeprüfung nicht bestanden.
Es muss wohl über Kümmel passiert sein, denn einen Kümmel trinkt man in deutschen Kneipen wohl ganz gern. Und Aquavit hat ja auch den Beinamen „skandinavischer Kümmel“.
https://www.drinkoo.de/spirituosen/aquavit/
Zitat : „Was ist Linie Aquavit und was macht ihn so besonders? Der Kümmelschnaps der norwegischen Destillerie LINIE Aquavit gilt als etwas ganz besonderes und wird von Experten und Feinschmeckern für seinen guten Geschmack geschätzt.“

Es ist nun tatsächlich meist so, dass jemand, der einen Aquavit getrunken hat, nicht mehr auf Kümmel zurück kommt. Obwohl der Kümmel im Garten wächst und der Aquavit erst in der Fabrik geschaffen wird.
„Bei Aquavit handelt es sich um einen Kümmelschnaps. Es ist das erste Experiment skandinavischer Mönche in Richtung Branntwein aus dem 16. Jahrhundert. Das Destillat ist meistens glasklar. Lagert die Spirituose in Fässern (Sherry), variiert die Aquavit Farbe zwischen gelb und rötlich-braun. Als Ursprungsland wird Norwegen angenommen, da auch hier die älteste aktive Marke, die Linie Aquavit, beheimatet ist. Kein anderes Unternehmen verfügt über eine solche Vielfalt an unterschiedlichen Aquavit Sorten. Das typische Merkmal ist die starke Kümmelnote. In Deutschland ist das Wasser des Lebens auch als Kümmelschnaps bekannt. Der Aquavit Alkoholgehalt liegt bei ca. 40 Vol.%“.
Die Herstellung von Aquavit
Dieser wird in Schweden und Dänemark aus Getreide und in Norwegen aus Kartoffeln gewonnen. Der geschmacksneutrale Alkohol wird dann mit den jeweiligen Kräutern und Gewürzen versetzt. Das Kümmelschnaps wird mit Dill, Kümmel oder Anis, Fenchel, Zimt, Nelken oder Koriander aromatisiert. Oft werden der Mischung auch noch Orangen- und Zitronenschalen beigemischt um für mehr Frische zu sorgen.
Das Kümmel-Aroma muss immer im Vordergrund stehen.
Die älteste Destillerie des Landes, die Linie Aquavit, legt großen Wert darauf, dass das Destillat in Eichenfässern mehrere Monate lagert. So hält sich das Gerücht nachhaltig, dass der Kümmelschnaps in Sherry-Fässern von Norwegen nach Australien und zurück transportiert wird, nur um die hübsche rötliche Farbe und den besonders aromatischen Geschmack zu erhalten. Darüber hinaus soll es Glück bringen, zwei Mal den Äquator zu überqueren.
Ob es nun ein Gerücht ist, dass der Aquavit die Welt im Fass umrunden muss, bevor er in den Verkauf gelangt? Das wissen sicher nur Insider. Ich frage mich nur, ob die Menge an Alkohol, der die weite Reise antritt, auch vollständig wieder zurück kommt.
Dazu eine offizielle Meinung:
Linie Aquavit ist eine klare Spirituose, mite 41,5 Prozent Alkohol, der vom norwegischen Unternehmen Arcus AS mit Sitz in Oslo hergestellt wird. Linie Aquavit wird in Sherryfässern aus Eichenholz gelagert und reift 16 Wochen lang auf Schiffen, die den Äquator - die Linie - kreuzen.
Der Äquator wird auch Linie genannt und daher stammt auch der Name für den Aquavit.
Und meine persönliche Recherche:
Mit war bekannt, dass in früheren Jahren der Name des Schiffes, das den Aquavit an Bord hatte, auf dem Etikett der Flasche zu finden war.
Schaue ich doch noch einmal nach, dachte ich heute. Leider war das Ergebnis nicht so, wie erwartet. Pustekuchen.
Jetzt werde ich bei der Firma anfragen, um zu wissen, warum das so ist und ob die Reise mit dem Schiff über den Äquator ein Affenzirkus ist.
https://linie-aquavit.com/home
Bei welcher Temperatur trinkt man Linie Aquavit?
Anders als in Deutschland trinkt man Aquavit in Norwegen übrigens nicht eisgekühlt, sondern bei Zimmertemperatur. Je nach Marke verzichtet man darauf jedoch immer häufiger, da gerade Produkte der Marke Linie ihren intensiven Geschmack sehr viel besser auf Zimmertemperatur entfalten können. Die Marke Aalborg ist da flexibel und schlägt eine Trinktemperatur vor, die zwischen -18 und +7 °C rangiert.
Also ehrlich: Für uns muss der Aquavit aus der Tiefkühltruhe kommen. Eisgekühlte Gläser stehen immer berei.
Im Jahr 1805 sind angeblich einige Fässer Aquavit nach Übersee verschifft worden und zufällig Monate oder Jahre später wieder zurück nach Norwegen gelangt, wobei die geschilderten Einzelheiten widersprüchlich sind. Jedenfalls habe man bei der Verkostung überrascht festgestellt, dass dieser Aquavit nun deutlich milder und feiner schmeckte als vor der Abfahrt. Dieser Umstand wurde den ständigen Bewegungen der Fässer, der Seeluft und den Temperaturschwankungen auf der langen Seereise zugeschrieben.

Die “Linie”- Aquavits, die speziell in Fässern an Bord von Schiffen gelagert werden, die den Äquator zweimal überqueren, bevor sie verkauft werden, zeugen von einem einzigartigen Reifeprozess, der die Geschmacksprofile dieser Spirituosen erheblich bereichert.
Temperaturschwankungen und ihre Auswirkungen
Die intensivere Berührung des Aquavits mit dem Holz führt dazu, dass mehr Geschmacksstoffe, wie z.B. Tannine und Vanillin, an den Schnaps abgegeben werden, was zu einem reichhaltigeren und komplexeren Geschmacksprofil führt.
Ständige Bewegung: Ein Schlüssel zum Geschmack.
Die kontinuierliche Bewegung des Schiffes sorgt dafür, dass der Aquavit ständig gemischt wird und in Kontakt mit den Holzfässern bleibt. Diese konstante Bewegung gewährleistet, dass der Schnaps gleichmäßig den Bestandteilen des Holzes ausgesetzt ist. Die dadurch geförderte gleichmäßige Reifung trägt maßgeblich zur Entwicklung des Geschmacksprofils bei, indem sie die Aromen aus dem Holz effizient in den Aquavit einbindet.
Feuchtigkeit und Meeresluft: Einzigartige Reifebedingungen
Die besonderen Bedingungen der Seereise, einschließlich hoher Luftfeuchtigkeit und der Präsenz von Meeresluft, beeinflussen den Reifeprozess des Aquavits. Insbesondere die Meeresluft kann dem Aquavit einen subtilen, salzigen Charakter verleihen, der ihn von anderen Spirituosen unterscheidet. Diese einzigartige Kombination von Umgebungsfaktoren trägt dazu bei, dass der Aquavit ein unvergleichliches Geschmacksprofil entwickelt, das auf dem Festland schwer zu replizieren ist.
Fassalterung: Der Einfluss des Holzes
Nicht zuletzt spielt die Art des Holzes der Fässer, sowie deren vorheriger Inhalt, eine entscheidende Rolle für den Geschmack des Aquavits. Fässer, die zuvor Sherry, Bourbon oder andere Spirituosen enthielten, können residuale Aromen hinterlassen, die der Aquavit während seiner Reise absorbiert. Diese Interaktion bereichert den Aquavit um zusätzliche Geschmacksebenen und trägt zur Komplexität seines Endprofils bei.
Fazit: Eine Reise, die den Geschmack formt
Die “Linie” Tradition des Aquavits ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie Umweltbedingungen und traditionelle Methoden zusammenwirken können, um ein einzigartiges Produkt zu schaffen. Die Reise über den Äquator, die ständige Bewegung und die spezifischen Lagerbedingungen an Bord verleihen dem Aquavit ein außergewöhnliches Geschmacksprofil, das die Spirituose nicht nur zu einem Getränk, sondern zu einer Erzählung über Seefahrt, Entdeckung und die subtile Kunst der Spirituosenreifung macht. Die “Linie” Aquavits stehen somit nicht nur für hochwertige Spirituosen, sondern auch für ein Stück lebendige Geschichte und Tradition, die bis heute fortgeführt wird.
Jemand, der dieses Getränk noch nicht probiert hat, wird sich vielleicht fragen, warum er Kartoffel- oder Getreideschnaps trinken soll und welchen kulinarischen Sinn das hat. Da kann man nur argumentieren, er möge sich doch die sonstigen Zutaten, die den Alkohol komplettieren, etwas genauer ansehen. Steht ja hier auf dieser Seite. Wir haben bisher Aquavit prinzipiell zum Fisch verkostet. Zu geräucherter Makrele beispielsweise oder zu Aal. Immer dann, wenn der Fisch einen kräftigen Begleiter braucht.
Wenn sich dann im Mundraum Speise und Getränk vereinigen, ergibt das wohl einen kräftigen kulinarischen Effekt, auch für den sogenannten Feinschmecker. Ist der Fisch etwas feiner, ein Saibling zum Beispiel, würden wir eher einen Riesling dazu öffnen.
Im Internet habe ich bei der Recherche zu diesem Artikel auch noch ganz andere Rezepte gefunden. Mit Aquavit angemachter Lachs, z.B.
https://www.fischausnorwegen.de/rezepte/lachs/eingelegter-lachs-in-aquavit/
Was eine Mittsommernacht so her gibt.

Von den heißen Mittsommernächten mit ausgetrunkenen Fässern haben wir bei unseren Aufenthalten in Norwegen nichts mitbekommen. Auch nicht die daraus abzuleitenden sittlichen Verfehlungen. Wir hatten eine Hütte am Rande eines Fjords bei Forsenes und ich ging jeden Tag mit dem Boot unseres Vermieters Fische fangen, um zu überleben. Die wurden dann sofort verspeist, mit einer Flasche Kulmbacher Bier und mitgebrachtem Aalborger Aquavit. Der Aalborger wurde seinerzeit dem Namen entsprechend in Dänemark hergestellt.

Wir hatten vor der „Seereise“ aus dem Nordwesten von Jütland (Dänemark) eine Übernachtung in Hirtshals gebucht.
„Hirtshals besteht aus einem charmanten kleinen Stadtzentrum mit Bars und Restaurants in einer idyllischen Küstenkulisse. Natürlich bietet der Ort dementsprechend auch eine große Auswahl an frischem Fisch und Meeresfrüchten, und die lokalen Restaurants sind wirklich einen Besuch wert. „
Wir kannten seinerzeit diesen Text zwar nicht, haben uns aber dennoch systemtreu verhalten. Der Aalborger Aquavit wurde uns randvoll im Glas serviert. Ohne überzuschwappen. Das ist dort so üblich und hat schon was für sich. Später haben wir das nur noch in Unterntief (Mittelfranken) bei einem Glas Sylvaner in der Jägerruh bei dem leider zu früh verstorbenen Helmut Lichteneber erlebt.
Beim Verlassen der Fähre in Kristiansand (Norwegen) gab es noch einen kniffligen Punkt. Ich musste zum Schmuggler werden. Weil ich für unseren Proviant eine Kiste Bier und etliche Flaschen Aquavit als Geschenk für unsere Gastgeber eingepackt hatte. Die Nordländer dürfen Alkohol ja nicht so freizügig wie wir konsumieren. Weil ich mit kurzem Bart wohl einen nordisch-seriösen Eindruck machte und eine gepflegte Ehefrau mitfuhr, konnten wir diese Hürde meistern. So kommt es, dass ein deutscher Tourist einen Norweger in dessen Land ein verbotenerweise eingeführtes norwegischen Getränk offeriert. Gleich eine ganze Flasche. Es gibt keine Kneipen in Norwegen, wer Allohol haben will, muss in ein Hotel gehen.
Die Story geht aber noch weiter. Als wir Kristiansand verließen und uns auf Stavanger zu bewegten, bin ich leichtsinnigerweise über einen Waldweg gefahren. Da machte es "knack" und die Achse meines Ford-Scorpio war gebrochen. Das Bier war wohl zu schwer. In deutschen Autos, die durch Franken und Bayern fahren müssen, passiert so etwas nicht. Die Konsequenzen erfahren Sie gleich. Will die Sache aber abkürzen und nur das Ende erzählen, sonst wird aus dieser Geschichte ein Auto-Spezial. Letztendlich stand unser Scorpio unrepariert vor einer Ford-Werkstatt in Kiel, wohin die Fähre aus Oslo uns brachte. Die Werkstatt lehnte eine sofortige Reparatur ab, weil es schon Freitag mittag war, wir sollten am Montag wiederkommen. Der ADAC hat uns dann aber aufgebockt und nach Hause geschleppt. Seitdem fahre ich Mercedes. Und wenn Holstein Kiel im Fußball verliert, bringt mir das Genugtuung.
Geneigter Trinker, das war dann die Geschichte mit dem Aquavit. Seien Sie vorsichtig, Ihre Bauchspeicheldrüse wird es Ihnen danken.
Heinz Elflein
12.06.2025