Christian Schmidt

Wenn ich mich mit dem Politiker Christian Schmidt beschäftige, weiß ich nie so richtig, was richtig ist. Was Tatsache ist, was er selbst allein zu verantworten hat, oder wo ihn Parteifreunde und "Spitzenbeamte" als Bauernopfer hingetrieben, verschlissen und
Parteispitzen ihn als weißen Mohr abgehalftert haben. Was hinter den Kulissen gelaufen ist. Immerhin hat er seine Schäfchen im Trockenen. Ein Aufsichtsratsmandat bei der Deutschen Bahn, vermutlich als Trostpflaster für entgangene höhere politische
Weihen gedacht, ist auch dabei. Zur Zeit ist er "Exzellenz" in Bosnien. Hier ein Bild aus der Zeitschrift "Nordbayern".


Zitat aus "Nordbayern" : "Weltpolitisch, vor allem mit Blick auf den Balkan, ist der 64-Jährige nun ein ziemlich einflussreicher Mann, der regelmäßig dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen berichtet, Gesetze erlassen, Behörden aus dem Boden stampfen
oder sogar Minister entlassen kann.

Die Bezeichnung "Bauernopfer" gefällt mir gut, denn es ist nicht auszuschließen, dass auch der Deutsche Bauernverband, der auch ein Büro in Brüssel hat, mitgewirkt hat an dem, was Herr Schmidt dort im Namen Deutschlands bewirkt hat. Eigentlich möchte ich
dafür ein anderes Wort benutzen. Mitwirkende dürften auch Bauernlobbyisten seines damaliges Ministeriums sein und nicht zuletzt Frau Kanzlerin. Die sich dann später knallhart aus der Affäre gezogen hat. Als Christian Schmidt sein Votum für die weitere Verwendung von Glyphosat abgab, wurde er zum Mohr, der seine Schuldigkeit getan hat, hat es aber damals noch nicht gewusst.


Die Zeit als Landwirtschaftsminister:
Vollständig heißt es „Minister für Ernährung und Landwirtschaft“.

Ab 2013 war es nicht mehr für Verbraucherschutz zuständig. Ich finde, das hat man gemerkt. Spätestens, seit Christian Schmidt der zuständige Minister war.


Wie kommt man an so einen Ministerposten? Nicht durch „Eignung, Befähigung und fachliche Leistung“, wie es die Bundeslaufbahnverordnung für Beamte (BLV) vorschreibt (die freilich in den seltensten Fällen korrekt eingehalten wird). Auch nicht nur, weil man einflussreiche Bekannte hat. Das Zauberwort heißt „Proporz“. Der Jurist und zugelassene Rechtsanwalt kam meines Erachtens zum Zuge, weil der zur richtigen Zeit folgende
Voraussetzungen erfüllte:

 

1. Mitgliedschaft in der CSU
2. Mittelfranke
3. Evangelisch


Seine letzte Position vor der Übernahme des Ministeramtes war Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Forschung. Fachmann für Ernährung und Landwirtschaft wird man dadurch nicht. Auf die
Aufgaben Parlamentarischer Staatssekretäre will ich hier nicht näher eingehen, nur sagen, damit lernt man eine Menge Leute kennen. Was ja nie verkehrt ist.
Politiker brauchen aber keine Fachleute sein. Die Zufälligkeit, nach dem Proporz geeignet zu sein, genügt. Und natürlich eine längere Parteikarriere. Die hat Christian Schmidt seit 1974.

Nach Übernahme eines Ministeramtes verlassen sich Politiker auf „Fachleute“ im Ministerium. Die in der Regel höhere Beamte sind. Diese müssten nach den Vorgaben der BLV dorthin gekommen sein.
Noch einmal: Eignung, Befähigung, fachliche Leistung. Jawohl. Immerhin erwirbt sich der Beamte im Ministerium im Laufe der Zeit eine gewisse Fachkunde. Die sollte er einsetzen, um seinen Vorgesetzten neutral zu beraten. Manchmal soll es vorkommen, dass man dies beeinflussen kann. Kleiner Spott: Es ist egal, welche Minister unter ihren Beamten dienen.


Das Wirken des Christian Schmidt, sein Einsatz für das Ackergift Glyphosat kann man bei Wikipedia nachlesen. Auszug:

Im November 2017 stimmte Schmidt im Alleingang einer Verlängerung der EU-weiten Zulassung des umstrittenen Herbizides Glyphosat um fünf Jahre zu, obwohl er zuvor mit Umweltministerin Barbara Hendricks eine Enthaltung abgesprochen hatte.[20] Die
Stimmen Deutschlands waren ausschlaggebend für die Verlängerung der EU-Zulassung von Glyphosat durch die Ministerrunde.[21] Das deutsche Landwirtschaftsministerium wies darauf hin, dass die EU-Kommission ohnehin in dieser Woche die Lizenz erneuert hätte. Schmidt habe aber als Gegenleistung für seine Zustimmung mehrere Punkte ausgehandelt. So solle die Rolle von Biodiversität und Tierschutz gestärkt werden, über Gefahren weiter aufgeklärt werden und die Genehmigungsverfahren verbessert werden. Diese Punkte werden in einem Anhang der Durchführungsverordnung aufgeführt. Schmidt erklärte zudem in der ARD, er wolle den Einsatz von Glyphosat „sehr stark
reglementieren“ und ein Verbot der Privatanwendung prüfen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte am folgenden Tag fest, die Zustimmung trotz Veto von Umweltministerin Hendricks sei ein Verstoß gegen die Geschäftsordnung der Bundesregierung und rügte Schmidt für sein Verhalten. Die Zustimmung habe „nicht der
Weisungslage, die von der Bundesregierung ausgearbeitet war“ entsprochen.

Nach Informationen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung war die Zustimmung des
Landwirtschaftsministeriums trotz fehlender Beschlusslage der Regierung sowie widersprechendem Koalitionsvertrag bereits monatelang vorbereitet worden; auch Horst Seehofer[24] sei über das Vorgehen informiert gewesen. Demnach erhielt Schmidt bereits
seit Juli 2017 Empfehlungen vom Fachreferat für Pflanzenschutz dahingehend, überprüfen zu lassen, ob man auch ohne Zustimmung des Umweltministeriums der Verlängerung zustimmen könne. Mehrere Wochen später bat das Fachreferat für Pflanzenschutz darum, Kanzlerin Merkel davon zu überzeugen, ihre Richtlinienkompetenz für die Entscheidung zu nutzen, und im Oktober drängte die Fachabteilung auf „Zustimmung ohne
ressortabgestimmte Haltung“.

Die SPD zeigte sich empört über Schmidts Alleinentscheidung und sprach von „Vertrauensbruch“.[23] Oppositionspolitiker kritisierten das Vorgehen als „Lobby-Entscheidung“ für Monsanto und die Bayer AG, welche Monsanto übernehmen will. Der Umweltschutzverband BUND sprach von einem „beispiellosen Foulspiel“. 

Katrin Zinkant von der Süddeutschen Zeitung nannte die Neuzulassung von Glyphosat „richtig“, da sie ein „erste[r] Schritt Richtung Agrarwende“ sei. Es ginge um mehr als
nur Glyphosat, sondern um einen Abschied „vom mit Chemie überfrachteten Ackerbau, den niemand mehr will“. 

Holger Romann vom Bayerischen Rundfunk nannte die Entscheidung „überraschend, vernünftig, überfällig“, weil damit ein ewiges Drama „auf der EU-Bühne“ beendet wurde, auf eine Weise, wie es die EU-Kommission ziemlich sicher sowieso kurz darauf auch aus Befürchtungen vor Schadensersatzklagen der Hersteller getan hätte. „Die Landwirte haben Planungssicherheit, und die zwischenzeitlich hysterische Debatte, die uns Verbraucher nur verängstigt hat, wird sich hoffentlich beruhigen.“[30]

Zitat Ende.

Ich finde es unverschämt, von einer hysterischen Debatte zu reden, wenn es um die Einbringung von Gift in Bauernerde geht. Das Gift, das dann im Körper von Lebewesen ankommt. Sich als Staat von eventuellen Schadenersatzforderungen großer Konzerne beeindrucken zu lassen, kommt mir vor, wie dem eigenen Mörder die Tür zu öffnen und ihn
hereinzubitten.


Man könnte denken, im übertragenen Sinne hat Angela Merkel in Tateinheit mit Christian Schmidt genau das getan. Es bedurfte aber wahrscheinlich nicht nur der Erpressung durch Monsanto. Der verkappte Monsanto-Lobbyist und seine „Pflanzenschützer“ sind
meines Erachtens nur das, was Lenin als „nützliche Idioten“ bezeichnet hat. Wie gut, dass sich aus der Bevölkerung heraus eine breite Gegenbewegung formiert hat, die den Zauberlehrlingen entgegen wirkt. Wenn man das, was sich da seit Jahren abspielt,
verfolgt hat, bewirken Nachrichten ein Empfinden großer Verachtung und auch eine gewisse Wut auf von der Geldgier getriebene Konzerne und ihre Vasallen. Nachrichten, die davon sprechen, dass Monsanto z.B. angeboten hat, Gutachten, die
Wissenschaftler unter ihren Namen veröffentlichen, für diese zu schreiben.


Minister Schmidt durfte wieder zurück ins Glied. Seine Proporz-Eigenschaften passten nicht mehr. Nachfolgerin wurde Julia Klöckner von der CDU. Die flugs verkündete, Glyphosat fände sie gut. Das hat Deutschland nach Zeitablauf und der Neuwahl nun
auch hinter sich, überstanden ist es noch nicht.


In der Rubrik „Aus der Heimat“ schrieb die WZ am 05.07.2021 den Artikel „Mission Kanzleramt“. Wie die Windsheimer Zeitung dazu kam, ist mir etwas unverständlich, ging es doch bloß um den Bezirksparteitag der CSU. Dass die sich dafür das Kur- und
Kongresszentrum Bad Windsheim ausgesucht hatte, zeigt, dass sie keine Furcht vor Volkszorn haben braucht, ist ja auch nicht nötig.


Unter anderem wurde auf dem Bezirkstag der neue Bundestagskandidat Tobias Winkler vorgestellt, der Christian Schmidt ablöst. Weil der wegen seiner Repräsentationspflichten als „Hoher Repräsentant der Internationalen Gemeinschaft für Bosnien und Herzogewina“ keine Zeit mehr für ein deutsches Bundestagsmandat hat. Haben Söder und Frau Merkel unisono gemeint, die ja bekanntlich immer einer Meinung sind und stets harmonieren. Schmidt hat das zunächst nicht gemeint, bis ihm Merkel und Söder mitgeteilt haben, was er zu meinen hat. Vielleicht hat Söder Frau Merkel auch nur zur Unterstützung gebraucht, weil er sich die (Hinweg)beförderung von Christian Schmidt nicht alleine getraut hat. Wohl wissend, dass Schmidt bei Frau Merkel eine giftige Stinkmorchel aus Brüssel in Berlin hinterlassen hat. So isser halt, der Christian. Und jetzt ist er der weiße Mohr, der seine Schuldigkeit getan hat.


Wer sich mit Merkel anlegte, beendete seine deutsche Karriere. Das war schon immer so. Hat sich aber nun aufgehört und nun hat Christian Schmidt wieder die Möglichkeit, von sich zu geben, dass er halt so sei. Denke, es wird ihn nichts mehr nützen. Seinen Brüsseler Fehltritt der gewissenlosen Art bereut er nicht, wie er von sich gibt, wenn man ihn fragt.
Andererseits wissen aber auch nicht gerade besonders gebildete Mitbürger, dass die Wahrnehmung des Amtes für die „Internationale Gemeinschaft“ das höchst-erstrebenswerteste Amt für einen evangelischen Politiker ist, das natürlich die bisherigen Ämter als Verkehsminister, Landwirtschaftsminister und Glyphosatminister total in den Schatten stellt. Es ist sozusagen die höchstmöglichste Spitze einer Politkarriere. Jeder, was er verdient hat. Sarajewo ist ja auch ein interessanter Ort. Vor allem seine
Geschichte. Für Thronfolger ist Sarajevo nicht ganz ungefährlich. Die 17% römisch-katholischen Christen geben für einen evangelischen Christen ein naheliegendes Umfeld, das 42% Muslime, 30% Orthodoxe beinhaltet. Hier könnte Christian seinem
Vornamen entsprechend missionarisch tätig werden.


Er werde seiner Partei erhalten bleiben, drohte Schmidt so ganz nebenbei. Ach Du lieber mein Gott, Markus. Tobias Winkler aus Roßtal, 43 Jahre, ist also der Neue, der sagen soll, dass er der sei, der da ist. Feine Logik, kommt vom Schmidtla. Stets in Roßtal wohnend, war er in mehreren Vereinen aktiv und ist seit 14 Jahren Vorstand der Marktplatz-Kärwaburschen. Genau der Karriereschritt, den ein Nachwuchspolitiker braucht, um junge
Franken zu der intelligentesten Entscheidung ihrer Lebens zu animieren, nämlich CSU zu wählen, um Winkler in den Bundestag zu befördern. Sie haben es tatsächlich getan.


Was hat Christian Schmidt für eine politische Zukunft, wenn er das lebensgefährliche Abenteuer Bosnien überstanden hat?. Ich denke, bei der nächsten Landtagswahl in Bayern 2023 dürfte die CSU weiter Stimmen verlieren. Wird nicht viel Platz bleiben für ihn.
Nachfolger für Söder, falls die CSU diesen nicht mehr an der bayerischen Spitze haben möchte, wird er nicht werden. Dann sollte er doch lieber an der Zenn sitzen, kleine Nürnbergerlein grillen und Silvaner trinken, wozu der sich nach eigener Aussage zur Zeit noch zu jung fühlt. Die Zeiten, in denen er sich noch zwischen einer Garde landsmannschaftlicher junger Frauen mit Schärpen um die Hüfte zeigen durfte, kommen vermutlich für ihn nicht wieder. Dann hat er halt Zeit, sich noch einmal lle Verdienstkreuze, Orden und Ehrenzeichen umzuhängen, die ihm im Laufe seiner Karriere verliehen worden sind.

 

Einen Satz von Christian Schmidt werde ich wegen seiner herausragenden Intellektualität nie vergessen. Er meinte, Glyphosat sei ungefährlich, sofern man es richtig anwende. Dazu fällt mir nichts intellektuelles mehr ein. Höchstens die Vision, dass sich wohl bei jeder Anwendung in freier Natur demnächst wohl ein staatlicher Aufpasser daneben stellen muss, der darauf achtet, dass sich das Bäuerlein nicht selbst vergiftet.

Heinz Elflein
08.01.2022