Mobiltelefon

 

Als ich irgendwann im alten Jahrtausend einen Kreditkartenvertrag mit American Express abschloss, war mir das Geschäftsgebaren amerikanischer Firmen noch nicht geläufig. Ich bin dann sehr schnell eingeführt worden, als ich mit Forderungen, Vorschlägen und dem ganzen Sermon, die solch eine Firma im Schlepptau führt, konfrontiert wurde. Details habe ich längst vergessen, nicht aber meinen eigenen Frust über das, was da mit mir veranstaltet werden sollte. Ich habe den Vertrag sofort wieder gekündigt, um in Ruhe gelassen zu werden.

 

Wenn man sich ansieht, wie heute die gesamte Menschheit dem Diktat der elektronischen Geräte unterliegt und das z.B. mit dem dritten Quartal des vorigen Jahrhunderts vergleicht, sieht man, in welche Abhängigkeit wir gekommen sind. Manche würden es als Fortschritt bezeichnen. Gehen Sie mal in das Wartezimmer einer Arztpraxis und schauen Sie sich an, wer kein Mobiltelefon bei sich trägt. Diese Menschen müssen ja wirklich krank sein.

 

So ein Mobiltelefon ist ja wirklich ein allerliebstes Spielzeug. Ich erinnere mich, dass ich auf einer Dienstreise, es muss etwa 1990 gewesen sein, in einer Gaststätte nach dem Abendessen en klobiges Mobiltelefon mit langer Antenne aus der Tasche zog und dem anwesenden Volk stolz demonstrierte, was ich da tat.

 

Gerade, als ich diese Zeilen geschrieben habe, kommt wieder Microsoft und will mit mir die Einrichtung meines PC abschließen. Den ich längst so eingerichtet habe, wie es mir selber passt. Windows passt das nicht und es kann sein, das mir Windows bald selber nicht mehr passt. Ich habe nämlich seit Jahren Linux-Ubuntu als Zweit-Betriebssystem auf dem Laptop. Nur seit ebenso langer Zeit den Umstieg noch nicht geschafft.

Mein Bruder erledigt sich des Microsoft-Schrott-Problems auf konsequente Weise, wenn er sich einen neuen PC gekauft hat. Er löscht die Inhalte des neuen PC total und spielt dann das Betriebssystem selber neu auf. Damit ist er unerwünschte Software quitt.

 

Nachdem ich wieder einen Tag hinter mir habe, in dem der Rest der Welt mit Hunderten von Mobiltelefonen vor mir her wedelte, muss ich zugeben, selbst eines vor mir liegen zu haben. Ich hasse es wie die Pest, gebrauche es aber, soweit ich damit zurecht komme. Das ist nicht so einfach, weil der Bildschirm die Tendenz hat, etwas darzustellen, wonach ich nicht gefragt habe. Es ist von Samsung und ich brauche zwei Passwörter um etwas mit ihm machen zu können.

Als jemand, der seine Computerkenntnisse mit Großcomputern erworben und diese auch programmiert hat, bringt mich das Betriebssystem Android zur  Weißglut. Gerne würde ich ein eigenes System programmieren, aber habe da wohl keine Unterstützung. Mich stören die Menüs mit Funktionen, die ich für unbrauchbar oder Kinderkram halte. Der Menüpunkt, den ich suche, ist derweil nicht da. Stoße ich eine Funktion an, kommt irgendwo eine App um die Ecke und stellt mir dumme Fragen. Übergebe ich das Telefon, geht das Licht aus. Will ich eine App löschen, darf ich das nicht, weil sie Bestandteil des Systems ist.

 

Ich gebe inzwischen meine Mobiltelefonnummer nicht mehr heraus, wenn ich nicht muss. Habe ja keine Chance, ans Telefon zu kommen, wenn ich nicht  während der ersten drei Klingeltöne abgenommen habe, danach erlaubt es sich Android, auf Anrufbeantworter umzuschalten. Leider ist es inzwischen so, dass ich das Mobiltelefon als persönlichen Identitätsnachweis einsetzen muss, wenn ich z.B. per Internet meine Kreditkarte nutzen möchte. Da läuft dann ein ganz abartiges Identifikationsverfahren ab, dreistufig. Immer wenn ich glaube, dem irgendwie zu entkommen, erwischt es mich wieder über ein anderes System. Ohne Mobiltelefon wird es dem Menschen offenbar nicht mehr gestattet, so zu agieren, wie er möchte. Diese unerwünschten Apps braucht kein Mensch. Eine kleinere Anzahl würde reichen, damit das Ding funktioniert.

Auf Dauer wird das bei mir zu Konsumverzicht führen, da bin ich mir sicher.

Jetzt höre ich schon die Stimmen, die mir sagen wollen, dass seien alles keine Probleme, ich müsse nur lernen, richtig mit dem Teil umzugehen. Daran ist sicher etwas. Ich sage aber klipp und klar, ich lasse keine Gehirnwäsche mit mir machen, um hinterher amerikanisch denken zu können. Denn eines fehlt Android: Logik.

Logik, wie sie ein deutscher Programmierer ohne Fremdsprachenwahn noch zu Zeiten der Jahrtausendwende beherrscht hat. Solch ein Mobiltelefon möchte ich haben, bin aber sicher, es nicht zu bekommen.

Als ich heute aus der Stadt nachhause kam, fiel mir ein Motorrad auf, das schon seit drei Tagen auf dem Gehsteig herum steht. Ich habe es mir näher angesehen. Offenbar hat es keinen festen Besitzer. Aber man kann es über Android oder Google frei sperren, um damit zu fahren.

Eigentlich wollte ich es vom Gehsteig auf die Straße werfen, habe es aber nicht getan, um den seriösen Anschein, der mich umgibt, zu bewahren.

Glauben Sie mir das? Seien Sie sich mal nicht zu sicher.

Heinz Elflein

04.05.2023