Bad Windsheim

Wer mit dem Pkw auf Bad Windsheim zu fährt, sieht von weitem die Silhouette der Rathaustürme. Es wirkt schon etwas erhaben und lässt die vergangene Bedeutung der Stadt ahnen. Es handelt sich immerhin um eine ehemalige freie Reichsstadt. Sie war es von 1248 bis 1803. Danach fiel sie an Bayern.

Die Bedeutung der Stadt ist Geschichte. Aber man sieht noch eine ganze Menge davon, wenn man die Altstadt betritt. Eine Zeitreise wäre hilfreich. Versuchen wir, uns einem kleinen Abschnitt zu widmen und beginnen wir mit dem Rathaus.

Windsheimer Handwerker errichteten das Rathaus in den Jahren von 1713 bis 1717 unter dem Ansbacher Maurermeister Johann Michael Aspacher und seinem Polier Giovanni Rigaglia. Der schlossartige Barockbau wurde bis Juli 1732 durch den Windsheimer Stadtbaumeister Johann Michael Krauss neu aufgebaut, es war bei einer "Feuerbrunst“ am 3. Dezember 1730 vollständig ausgebrannt.

 

Als die Stadt im Juni 2000 den Marktplatz umgestalten wollte, war das Projekt schnell gestoppt. Man stieß auf Mauerreste historischer Keller. Da mussten Archäologen tätig werden

Die Riesendame in Beton mit erhobenem Schwert auf dem Dach des Rathauses soll die Justitia darstellen.

Sie wurde 1958 von der Fürther Künstlerin Gudrun Kunstmann in drei Teilen gefertig. An den „Nahtstellen“ ist sie leider vermoost und muss jetzt weg, bevor ihr wie ihrer Vorgängerin, der „Windshemia“ der Kopf hinunter fällt. Daran erinnert sich niemand mehr. Auch im Stadtarchiv ist nichts zu finden. Meine Mitschüler und ich wissen es aber, weil wir auf dem Klosterplatz zur Schule gingen. Im Juli 2021 hat mir die Großmutter von Marco Schneider, Frau Ingrid Hessel, den Namen mitgeteilt, sie konnte sich noch gut erinnern. Es war Else Habermeier, wohnhaft Rothenburger Straße.

Die junge Frau, etwas älter als ich, hat seinerzeit überlebt. Die Windshemia, für die es keinen geschichtlichen Beleg gibt, war erst 1889 aufgezogen worden. Davor stand auch schon eine Justitia, seit wann, ist nicht so recht klar. Wie Mitbürger 1958 kund taten, hatte die damalige Justitia einen unnatürlichen Busen. Was ich als Schüler damals schon verstanden habe. War auch gespannt, wie die Schwertdame nach der Renovierung aussehen würde. Diese wurde 2021 abgeschlossen und der Busen wirkt wieder wenig natürlich.

Durch die Fenster kann man hinunter schauen und sieht ein Gerippe. Wer mehr sehen will, sollte an der nächsten Stadtführung teilnehmen.

Goesswein berichtet, es wurden unter anderem 45 Gräber aus dem 8. Jahrhundert, sowie ein sogenanntes Wiedergänger-Grab gefunden. Wem also im Sommer etwas warm ist und wer keine Angst hat, einem Untoten zu begeben, kann sich dort unten ruhig ein kleines Frösteln holen.

Es wird nicht gerade empfohlen, in der Geisterstunde den Marktplatz zu überqueren, nachdem man in Döblers Bierstube einige Maß getrunken hat. Es sei denn, man wolle sich langsam an den Status eines Untoten gewöhnen.

Ob der Kaiser jemals in Windsheim gewesen ist und warum die Statue aufgestellt wurde, weiß man nicht.  Habe aber schon herausbekommen, dass Karl keine Mätresse hatte. Aber eine Frau und drei Töchter.

Im Jahre 1740 war es nicht gut für Karl, in Wien zu sein. Wer ihm die grünen Knollenblätterpilze verabreicht hat und warum die Tat geschah, würde ich gerne wissen. Für Karl wäre es besser gewesen, in Windsheim neben seinem eigenen Denkmal zu sitzen und bei der Famile Götz, die damals schon am Weinmarkt gastronomisch tätig gewesen sein soll, Pfifferlinge aus dem Lenkersheimer Wald zu verspeisen. Dann hätte es auch den Erbfolgekrieg um diese Zeit nicht gegeben. Eventuell später.  Es ist ein mittelalterlicher Kriminalfall. Vielleicht schreibe ich das Buch noch.

 

Würde einem Habsburger Nachfahren gerne einen Silvaner im Storchen, bei Familie Götz spendieren. Und so nebenbei ein Schäufele konsumieren. Ist aber nicht möglich, die Habsburger haben sich tot geheiratet. Inzucht. Entsteht, wenn Chromosomen der Mutter während der Schwangerschaft durch Alkoholismus beschädigt werden. Die Inzucht wurde durch die "Habsburger Unterlippe" sichtbar. Den genauen Mechanismus kann Ihnen vielleicht Ihr Hausarzt erzählen.

Im Übrigen ist Familie Götz nicht so gut auf eine eventuelle Nachfahrenschaft zu Götz von Berlichingen zu sprechen. Man ist mir ganz schön übers Maul gefahren, als ich die Spekulation einem anderen Gast gegenüber geäußert habe. Mache es nie wieder.

 

In der „Windsheimer Zeitung“ lese ich am 29.08.2020 folgenden sehr interessanten Beitrag:

Der 1572 erbaute „Schöne Brunnen“ in Bad Windsheim zeigt seit 1727 die Statue von Karl VI. Oder doch nicht? Das ist bis heute zumindest umstritten. Denn in einer handschriftlichen Chronik der Stadt findet sich eine Notiz, dass die Figur Kaiser Karl V. darstellen soll. Während Kaiser Karl VI. keinen wirklichen Bezug zu Windsheim hatte, galt hingegen Karl V. als großer Förderer der Reichsstadt und vergab an diese mehrere Privilegien. Vor dem Kaiser stand übrigens ein Abbild des eher sagenhaften Stadtgründers Windegast auf dem Sockel des Brunnens.

Mit Verlaub, das klingt mir sehr plausibel. Fragen können wir dazu niemand mehr. Wenn ich könnte, würde ich aber sofort zu einer Zeitreise nach 1727 aufbrechen, um die für den Bau Verantwortlichen zu befragen und so nebenbei im Storchen einzukehren.

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https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_V._(HRR

Die Illesheimer stehen zu ihrem berüchtigten Vorfahren, sie haben seine Schwerter im Wappen.

 

Neuzeit

Man braucht nicht zum Roten Meer zu fahren, wenn man auf Salz schwimmen möchte. Die Bad Windsheimer Solequelle ist die stärkste Europas.

"Besonderes Kennzeichen der Franken-Therme in Bad Windsheim ist ein ganzjährig beheizter Salzsee mit Sole direkt aus dem Untergrund. Zusätzlich bietet die Therme vier weitere Solebecken und einen großen Dampfbadbereich. Highlight im Saunabereich."

 

Kommt man ins Gespräch mit irgendwelchen Leuten außerhalb Frankens und erzählt von Bad Windsheim, kommt meist die Antwort „Wo ist das denn?“ Die Erhebung zum „Bad“ hat in Deutschland nördlich des Mains wenig daran geändert. Wobei dahingestellt ist, ob das Prädikat "Bad" beibehalten werden kann. Bezeichnend ist, dass der Bürgermeister (CSU) den größten Umweltverschmutzer, der auch noch direkt neben dem Kurpark stinken lässt, mit der „Bürgermedaille“ auszeichnet. Andererseits vermute ich, dass aufgrund der CSU-Vorherrschaft in Bayern zunächst nicht mit einer Aberkennung zu rechnen ist. Freunderln helfen, wenn es nötig ist. Es hat eben alles zwei Seiten.

Aber wenden wir uns positiven Dingen zu. Über die Stinkerei habe ich mich an anderer Stelle genug ausgelassen.

 

Sagt man Leuten, die lieber ins Ausland fahren und Bratwurst, Schäufele und Silvaner nicht kennen, BW läge in Mittelfranken, kommt oft der nächste irritierte Blick. Man muss nachhelfen und „bei Nürnberg und Rothenburg“ dazu sagen. Dann klingelt es bei Zuhörern, die im Erdkundeunterricht vorne gesessen haben. Rothenburg findet man allgemein interessant, bezüglich der nordbayerischen Regierungsbezirke und Landkreise kennt man sich nicht aus.

 

Ich finde, es ist ganz gut so. Die Stadt ist nicht gerade von Touristenmassen überschwemmt und hat ein gutes Stück Beschaulichkeit behalten. In diesen Tagen hat die Stadtverwaltung auf ihrer Internet-Seite den neuesten Imagefilm vorgestellt. 

 

https://stadt.bad-windsheim.de/stadtbw/

und

https://www.youtube.com/watch?v=xVB5P5sj32Q&feature=youtu.be

Man sollte ihn sich anschauen. Die neue Technik – Drohnen - ermöglicht hervorragende Luftaufnahmen. Mich haben besonders die Bilder zwischen Weinturmshügel, Golfplatz und Gräfwald angesprochen, weil sie mich stark an meine Kindheit erinnern, die ich in Windsheim (damals noch kein Bad) verbracht habe. Bin dort gern (mit und ohne Eltern) herumgestreift, habe am Gräfweiher die Karpfen beobachtet und vom Oberlandhaus den Blick auf die Landschaft genossen. Den Golfplatz gab es damals noch nicht. Das Oberlandhaus leider jetzt nicht mehr.          

 

Die von Franz-Josef Strauß versprochene Spielbank hat BW nicht bekommen, weil ein gewisser Herr Stoiber diese anderweitig, vorwiegend nach parteipolitischen Gesichtspunkten, etabliert hat. Hat aber gewartet, bis FJS verstorben war. Finde es aber nicht schade, dass die Spielbank woanders gelandet ist. Beteiligt war übrigens auch die "Konkurrenz" aus Bad Kissingen. 

https://www.aerzteblatt.de/archiv/15447/Kurort-Marketing-Zusammengehen-statt-alleine-untergehen

Denn die gemeinsame Lage in Franken allein sorgte traditionell nicht für solidarische Bande zwischen etwa Bad Windsheim und dem mondäneren, ungleich größeren Bad Kissingen - im Gegenteil: Als der Freistaat Bayern die Einrichtung einer Spielbank plante und Windsheim gut im Rennen um den lukrativen Publikumsmagneten lag, intervenierte Kissingen, das keine Gäste an den fränkischen Mitbewerber verlieren wollte. Die Spielbank kam schließlich ins "neutrale" Feuchtwangen. Weiter als der Blick vom eigenen Kirchturm reichte das strategische Denken der Kurorte in den goldenen Zeiten nicht. 

 

Den Kissingern wurde offenbar BW zu stark. Zumindest in einem Punkt stimmt es, die Solequelle in Kissingen ist schwächer, als die in Windsheim. In Feuchtwangen gab es einen CSU-Bürgermeister. In Bad Windsheim damals nicht. Der zuletzt im Amt befindliche war importiertes CSU-Mitglied, er wurde 2020 abgewählt, nicht ohne dass ein Parteigenosse voraussagte, nun würde Bad Windsheim die Landesschau nicht bekommen. Interessanterweise tat diesen Ausspruch ein Sohn des inzwischen verstorbenen Stadtrats und 3. Bürgermeisters, der wegen Manipulation einer Ausschreibung, die dann zu seinen Gunsten endete, strafrechtlich verurteilt wurde. Aber das sind die Niederungen der Politik und schon sind wir wieder beim Thema Geruchsbelästigungen durch die Eisengießerei.

 

 

Warum sich der Aufschwung der Stadt in der Neuzeit wirtschaftlich kaum fortgesetzt hat – sieht man mal von der fast explosionsartigen Entwicklung des Kurbetriebs ab – ist leicht zu erklären. Die großen Verkehrsströme sind lange an Windsheim vorbei geflossen, erst seit ca. 1985, mit dem Beginn der Vervollständigung der A7, hat BW eine nach der Stadt benannte Autobahnausfahrt. Anschlussstelle 107. Entfernung 15km.

"Besonderes Kennzeichen der Franken-Therme in Bad Windsheim ist ein ganzjährig beheizter Salzsee mit Sole direkt aus dem Untergrund. Zusätzlich bietet die Therme vier weitere Solebecken und einen großen Dampfbadbereich. Highlight im Saunabereich."

 

Man kann dies bedauern. Wäre es aber anders gekommen, hätte die Stadt heute ein anderes Gesicht, was ich für überhaupt nicht wünschenswert halte. Ein Abgas-Riesenstinker reicht.

 

Heinz Elflein

18.11.2019