Windsheim

Ich bin ein in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts geborener Windsheimer, der 1959 nach Düsseldorf "ausgewandert" ist und regelmäßig in seine Heimat zurück kommt. Bin seitdem bestimmt hundert Mal dort gewesen. Nach meinem Weggang ist Windsheim zum Bad erhoben worden. Ich hatte darauf keinen Einfluss.
Der Kurpark war schon fast ewig da. Er wurde vor 110 Jahren angelegt, ist 36 ha groß und denkmalgeschützt. Damit ist er der größte Kurpark in Bayern. Zur Zeit sind dort 5 Hotels, ein weiteres wird gebaut. Dazu 3 Sanatorien, ein Krankenhaus und Kureinrichtungen. Windsheim ist das einzige Kurbad in Mittelfranken und Bad Kissingen - obwohl größer und bekannter - ist eifersüchtig, was sich in verschiedenen Begebenheiten gezeigt hat.
Etwa 100 m Luftlinie entfernt befindet sich die Eisengießerei Heunisch, der große Stinkstiefel. Wenn Hotelgäste, Krankenhauspatienten und Kurgäste die Luft einziehen, atmen sie den Duft nach verbrannten Reifen, den die Gießerei ausstößt.
Gestank kann man angeblich nicht messen. Die gemessenen Abgaswerte jedoch liegen unterhalb der Toleranzgrenze, die der Gesetzgeber zulässt. Wobei ich unterstelle, die Toleranzgrenze wurde von den Politikern so hoch angesetzt, damit weiterhin trotz Luftverschmutzung Geschäfte gemacht werden können. Das riecht nach CSU, die in Bayern regiert und die beiden Windsheimer CSU-Stadträte Johannes und Georg Gerhäußer sind neben der Familie Heunisch Besitzer der Eisengießerei. Von CSU-Politikern ist bei der Abwägung zwischen Umwelt und Profit wenig zu erwarten, sie sind mit ihren Interessen sehr verquickt, wenn ich mich mal zurückhaltend ausdrücken darf, worüber ich eigentlich sehr über mich selbst verwundert bin. Aber auch alle andere Parteien sind in Sachen Kurparkschutz und Menschenschutz im Zustand der Dämmerung, auch Grün, Gelb und vermeintlich Freie. Sie werden sich eines Tages alle erklären müssen.
Ohne Polemik: Die CSU beherrscht die Stadt, obwohl sie zur Zeit keinen importierten Karriere-Politiker im Bürgermeisteramt stellt. Der wurde abgewählt und sein Nachfolger ist der echte Windsheimer Jürgen Heckel, was mich zugegebenermaßen außerordentlich gefreut hat.
Die Windsheimer Bürger begehren nicht gegen den Gestank und die Gießerei auf. Das mag daran liegen, dass die Düfte bei Westwind vom Ort weg geweht werden und bei Ostwind in den Kurpark und die Westsiedlung wehen. Außerdem ist der Windsheimer kein Aufrührer, sondern eher obrigkeitsergeben, wenn man mal vom Wählerverhalten absieht. Die Kurpark-Lobby ist offenbar uneins, aber nicht so stark, um sich entscheidend gegen die Gießerei zu engagieren. Dass diese ein ehemaliger Betrieb der Familie Hofmann ist, mag da auch mitwirken. Nur hat seinerzeit die Gießerei nicht so gestunken, ich wüsste es.
Ach ja, das Arbeitsplatzargument. Es wird mir immer augenfällig, wenn ich am Oberntiefer Weiher angeln gehe und sich ein Heunisch-Arbeiter aus dem Osten von Europa neben mich setzt.
Bürgermeister Heckel verhält sich neutral. Ich kann das verstehen, würde aber an seiner Stelle total anders handeln. Die Gießerei muss weg vom Kurpark. Es dürfte doch kein Hexenwerk sein, die Maschinen an anderer Stelle, meinetwegen irgendwo in einem alten Steinbruch, neu aufzubauen. Das sollte mit einem breiten Konsens geschehen und subventioniert werden, denn von alleine macht das Heunisch nicht.
Wenn 2027 die Landesgartenschau in BW stattfindet und die Gießerei weiter stinkt, könnte es sein, dass die Stadt im deutschen Bewusstsein einen erheblichen Imageschaden erleidet. Ob dann Jürgen Heckel noch Bürgermeister ist, steht in den Sternen. Auf alle Fälle wird man ihm dann die Schuld geben, weil er von der Sache gewusst und nichts dagegen unternommen hat.
Zur Zeit ist ein gewerbliches Planungsbüro bereits mit der Landesgartenschau beschäftigt und es wurden kleinere und größere Maßnahmen beschlossen. Die Protagonisten denken aber nicht daran, sich zu diesem Thema zu engagieren oder auch nur zu äußern. Man hört diesbezüglich auch nichts. Sie werden ihr Salär zu Beginn der Schau vereinnahmen und ansonsten den lieben Gott einen guten Mann sein lassen.
Der Verfasser macht sich aber Sorgen. Sofern er 2027 noch unter den Lebenden weilt, möchte er das bereits jetzt abzusehende Dilemma nicht erleben.
Heinz Elflein
11.04.2023

Die Fotos stammen von den offiziellen Seiten der Stadt Bad Windsheim.

Ein Bild aus meinem Besitz