Einmal am Main
Das Dorf am Main hat 1000 Einwohner und 35 Weinvermarkter. Steht man am Main und schaut um sich, sieht man sich von Weinbergen umgeben. Eine Fähre fährt auf die andere Seite. Schiffe, die den Main befahren, wird man nicht sehen, weil ein Stück flussaufwärts ein Kanal den Verkehr übernimmt.

Wir kennen den Ort schon lange, weil wir schon dutzende Male die Fähre genutzt haben. Eine Meinung, auf welcher Seite des Mains der bessere Wein wächst, maßen wir uns nicht an. Seit der Glyphosat-Affäre sind wir auch sehr vorsichtig geworden, auf der anderen Seite zu kaufen. Winzer, die jammern – was mir gegenüber am Telefon passiert ist – weil sie das Gift bald nicht mehr verwenden dürfen, sind nicht mein Ding. Ich denke, er kann froh sein, dass ich ihn hier nicht namentlich benenne.
Wir waren so oft da, aber übernachtet hatten wir in dem Ort an der Mainschleife noch nicht. Das sollte 2022 anders werden. Das Hotel liegt im Ortsinneren und hat keinen Mainblick, scheint aber das beste Haus am Platze zu sein. Es hat das Haupthaus und eine Dependance. Hier sind offenbar die ansprechenderen Zimmer, zumindest von der Größe her. Wir nahmen ein Doppelzimmer im Haupthaus, weil wir nicht zum Frühstück wandern wollten. Dies wurde von Bett und Badezimmer beherrscht. Um die Koffer zu öffnen, mussten wir uns schon etwas einfallen lassen. Der Blick aus dem Fenster ging zur Kirche, deren Glockenturm jede Viertelstunde kundtat. Das Frühstück jedoch war eine kleine Offenbarung.

Zitat: Unser Frühstücksbuffet lässt fast keine Wünsche offen. Großer Beliebtheit erfreuen sich unsere selbstgemachten Marmeladen, der frische Obstsalat, unser am Abend angesetztes Bircher Müsli, der Schinken zum Selberschneiden auf der 54 Jahre alten Berkel und vieles mehr. Die weich gekochten Eier und das Rührei werden fortlaufend in kleinen Portionen aufgefüllt, um unseren Gästen immer Eierspeisen direkt vom Herd anbieten zu können.
Die Schinkenschneidemaschine war für mich ein äußerst interessantes Utensil. Weil wir aber eine zuhause haben, habe ich sie nicht mitgenommen. Auch die Orangenpresse hat es mir angetan. Frischgepresste Orangen zu frisch geschnittenem Schinken, was will der Gast mehr. Da haben wir doch gleich das kleine, enge Zimmer ohne Aufzug vergessen.

Sehr gut gefallen hat uns auch das kleine, feine Innenhöfle, direkt am Haus.
Dort pflegten wir gerne zu Abend zu essen, mussten dabei allerdings in Kauf nehmen, dass der Koch, Ehemann der Chefin, etwas zurückhaltend gewürzt hat. Aber da kann man ja nachhelfen.
Die Gruppe auf dem Bild kam aus Frankfurt. Sie haben meinen blöden Witz von den Frankfurtsern nicht verstanden. Stammt ja auch von Badenern, die nicht Badenser genannt werden wollen.
Parken konnte man einigermaßen. Es hat sich nur ein Nachbar bei der Wirtin beschwert, weil mein Auto nach seinem Geschmack zu nahe an seinem Haus stand, er wolle die Polizei rufen. Ich habe meinen Mercedes 10 cm umgeparkt und ihm ausrichten lassen, er würde eine Watschn von mir kriegen. So kann man mit Underfranggn reden, bei Middelfranggn oder Oberfranggn hätte ich es mir nicht getraut.
Meinem Vorsatz, alle Weingüter des Ortes zu besuchen, bin ich nicht nachgekommen. Die Güter lagen in der Mittagssonne so vor sich hin, ihre Bewohner werden wohl in den Weinbergen gewesen sein. Da wäre ein Besucher unwillkommen gewesen.
Am liebsten hätte ich mich mit der Angelrute direkt an den Main, neben die Anlandestelle für die Fähre gesetzt, um Hechte und Zander zu fangen. Aber rechts davon haben Badefreunde ihren eigenen Strand aufgemacht. Das hätte Ärger gegeben. Blinker im Oberschenkel sind bei Schwimmern nicht so beliebt.
Unseren kulinarischen Neigungen sind wir dagegen ausgiebig nachgegangen. Es ist schon etwas besonderes, an einem Sommerabend am Main blaue Zipfel zu verspeisen, Silvaner dazu zu trinken und auf den Fluss zu schauen.

Die besten blauen Zipfel meines Lebens
Wenn ich jetzt zuhause alle paar Monate ins Internet gehe, um neuen Wein vom Main zu bestellen, kehrt das alles ins Gedächtnis zurück. Der Wein ist wirklich hervorragend. Sollten Sie Interesse an einer kleinen Weinberatung haben, melden Sie sich. Sie kennen ja meine Nummer.
Heinz Elflein
16.06.2023
