Sonnensegler und Quiche

Dass ich jemals als bekennender Kulinariker über einen Bauernhof schreiben würde, hätte ich mir auch nicht gedacht. Das ist keine Abwertung landwirtschaftlicher Betriebe, aber sogenannte Gourmets sind ja dafür bekannt, dass sie lieber über Tempel schreiben. Gourmettempel. Bei mir fängt das allerdings an, sich umzukehren. Ich schreibe eigentlich lieber über landwirtschaftliche Produkte, die lecker und bio sind, als über Restaurants, wo genießen zum Ritual wird. Erzeugnisse, die sich besser zum Verzehr anbieten, wenn man sie direkt beim Erzeuger kauft, anstatt im Supermarkt.
Der Eggenhof am nördlichen Ende von Neuss, Inhaber Thomas Küppers, hat das alles. Freilaufende Hühner, Spargel, Erdbeeren, Salat, Kartoffeln, Wurstwaren, Säfte, Wein, das ganze Spektrum. Das meiste aus eigener Produktion. Das ist aber noch kein Grund für einen Anwärter auf den Nobelpreis für Literatur, darüber zu schreiben.
Nein, der Eggenhof hat auch seine eigene Konditorin. Und da fängt es an, spannend zu werden. Auf dem Fenster der Vitrine mit dem Kuchen steht ein Hinweis auf sie. Ich hatte dies zwar gelesen, aber offenbar nicht so recht realisiert. Weil ich davon ausging, jetzt kommt die Lieferung von einem Landkonditor, als die junge Frau mit dem Kuchentablett an mir vorbeischwebte, um die Auslage nachzufüllen. Entsprechend war auch meine vorwitzige Bemerkung. Nun erfuhr ich es aber richtig. Die Konditorin backt im Hause Eggenhof. Weil ihr diese kreative Job lieber ist, als in einer Großbäckerei Maschinen zu bedienen. Alle Achtung.
Wir kennen natürlich die besten Konditoren in unserer Stadt. Der Eggenhof reiht sich da ein, kann mühelos mithalten und überzeugt bei einigen Produkten ganz besonders. Das bäuerliche Ambiente verhindert allerdings den Betrieb eines Cafes, was man nicht vermisst, dafür kann man zu Heinemann in der Stadt gehen.
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Wir verlassen den Eggenhof mit einem komplett gefüllten Kofferraum und neben Salat, Spargel, Erdbeeren sind auch zwei Körbe mit Kuchen dabei. Weswegen ich aber diesen Artikel schreibe, ist der kulinarische Höhepunkt, den uns das Produkt verschafft hat.
Quiche mit Spargel, Contreauschnitten, Erdbeerkuchen, Streußelkuchen mit Kirsch, Stachelbeertorte, Apfeltorte, Pflaumentorte, Aprikosentorte, Himbeertorte.


Quiche vom Eggenhof
Mit Wein von Harteneck aus Schliengen, Südbaden.
Quiche Lorraine ist eine französische Torte mit einer Füllung aus Sahne, Eiern und Speck oder Schinken in einer offenen Teigtasche.
Der Winzer Harteneck macht Weine mit dem höchsten biologischen Prädikat. Er erntet gerne bei Mondschein und erläutert auch sehr genau, warum er das tut. Teufels- oder Hexenwerk ist es nicht. Aber der Mond macht offenbar was mit den Rebstöcken. Hartenecks Weine sind biodynamisch, nach demeter -Richtlinie.
Aber auch rein geschmacklich überzeugen die Harteneck-Weine. Da rollt man mit den Augen.
Zu der Quiche hatte ich den Sonnensegler Weißweincuvee oder den Rose Cuvee Pinot Noir und Cabernet Carol vogesehen. Beides biodynamische Landweine. Prädikate wie „Spätlese“ oder „Kabinett“ sucht man bei Harteneck vergebens. Das deutsche Weingesetz passt nicht zu Hartenecks Kollektion und nicht zu seiner Herangehensweise bei der Weinerzeugung. Aber das ist ein anderes Thema, das ich hier nicht ausweiten möchte. Dass wir bevorzugt bei ihm kaufen, erklärt alles. Vor ein paar Jahren konnte man seine Weine noch im Badischen Weinhaus Hemmerden kaufen. Man hat sich aber getrennt und ich vermute, in Hemmerden hat man einen Fehler gemacht.
Harteneck schreibt zu seinen beiden Weinen:
Sonnensegler:
Ein spritziges Weißweincuveé mit herrlich fruchtigem Duft nach Ananas, Zitronengras und Stachelbeeren mit einem Hauch grünem Apfel. Im Geschmack überzeugt würzig-mineralische Frische.
Perfekt in der Balance, segelt dieses Cuvée mit Ihnen in die Sonne.
Rose:
Ein frischer, lebendiger Wein, ideal für die warmen Sommertage! …
Leuchtend lachsfarben im Glas, duftet dieser Rosé nach reifen Erdbeeren mit Sahne, duftigen Rosenblättern und Johannisbeeren. Am Gaumen zeigt er dann sein wahres Potential: Saftig, fruchtig und perfekt abgestimmt in Säure und Struktur, mit leichtem Schmelz und schöner Länge wird dieser Rosé im Glas zum Erlebnis! Der etwas andere Rosé.
Wir konnten uns nun nicht entscheiden, trinken wir den Rose oder den Weißwein zur Quiche. So kam es, dass Marianne und ich jeweils eine ganze Flasche für sich allein hatten. Die am Ende des Abends noch brav bis zur Hälfte gefüllt waren. Ich kann nur sagen, es war nicht nur eine salomonische Entscheidung, es hat das Menü aufgebessert. Die Quiche und die Weine harmonierten hervorragend. In einem Feinschmeckerrestaurant bestellt, hätte das Gericht reüssiert.
Man muss sich nur vorstellen, wie man die Quiche zum Mund führt und mit dem Wein nachspült. Das erzeugt Geschmacks-Glücksmomente, besser kann ich es mangels geeignetem Vokabular nicht beschreiben. Aber weil ich diesen Artikel hauptsächlich für die Leute schreibe, die in meiner Umgebung wohnen, haben diese ja die Möglichkeit, zur Eggenhofstraße in Neuss, kurz vor Kaarst, zu fahren. Der Wein von Harteneck kommt mit einem Paketdienst.
Wir fanden es nur als Besonderheit, wie man mit einfachen Mitteln kulinarische Hochstimmung erzeugt und wollten dies auch unseren guten Bekannten vermitteln.
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Heinz Elflein
18.06.2023